Landesschule verabschiedet 274 neue Notfallsanitäter
"Ungewöhnliches Setting": Offizielle Verabschiedung findet online statt.
Online-Schooling, Abstandsgebot, Wechselunterricht, Masken- und Testpflicht: Es war mitunter eine turbulente Ausbildung, die hinter den frischgebackenen neuen Notfallsanitätern der DRK-Landesschule Baden-Württemberg liegt. 274 junge Menschen sind nun fertige Notfallsanitäter – eine Rekordzahl an der Landesschule. Nachdem sie zwischen dem 31. August und dem 29. September ihre schriftlichen, mündlichen und praktischen Prüfungen ablegten, fand vergangene Woche die offizielle Verabschiedung statt. Auf eine große gemeinsame Abschlussfeier musste aufgrund der Pandemie abermals verzichtet werden. Stattdessen fand die Ausbildung online ihren Abschlusspunkt.
Gesamtschulleiter Rico Kuhnke ließ zu Beginn der Verabschiedung ein Feuerwerk über die Bildschirme flackern und hieß alle Anwesenden in diesem „ungewöhnlichen Setting“ willkommen. Darunter auch die drei Redner des Abends: Neben Landesschul-Geschäftsführer Alfred Schulz Birgit Wiloth-Sacherer (Landesgeschäftsführerin Badisches Rotes Kreuz) und Prof. Dr. Wolfgang Kramer (Landesarzt DRK-Landesverband Baden-Württemberg).
Während die Chatfunktion von Vertretern der Kreisverbände und Lehrkräften rege genutzt wurde, um zur abgeschlossenen Ausbildung zu gratulieren, sprach Alfred Schulz von einem „denkwürdigen Tag“. Der letzte James-Bond-Film mit Daniel Craig laufe an, der Betrieb der Impfzentren ende – und natürlich würden die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter von der Ausbildung ins Berufsleben wechseln. „Nach der Prüfung ist für Sie schon wieder vor der Prüfung“, sagte Schulz, „Sie begeben sich jetzt auf die Prüfung des Lebens.“
Der Geschäftsführer bescheinigte den Absolventen, dass sie „gut durchhalten können“. Schließlich seien durch die Pandemie alle „unverhofft in ein Lernsetting gerutscht“ und hätten dabei schnell gelernt, wie man mit digitalem Lernen am besten umgeht. Rico Kuhnke bestätigte, dass es „turbulente Monate“ gewesen seien. „Ich möchte mich bei allen bedanken, die mit uns durch diese schwierigen Zeiten gegangen sind.“
Kuhnke ging anschließend auf ein zu Beginn dieses Jahres verabschiedetes Gesetz ein, das Notfallsanitätern bei ihren Einsätzen mehr Rechtssicherheit und mehr Kompetenzen einräumt. So ist im Paragraf 2a des Notfallsanitätergesetzes geregelt, dass Notfallsanitäter bis zum Eintreffen eines Notarztes oder bis zum Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung „heilkundliche Maßnahmen, einschließlich heilkundlicher Maßnahmen invasiver Art“ eigenverantwortlich durchführen dürfen, wenn sie diese in ihrer Ausbildung erlernt haben und beherrschen und darüber hinaus die Maßnahmen erforderlich sind, um Lebensgefahr oder wesentliche Folgeschäden von Patienten abzuwenden.
Prof. Dr. Wolfgang Kramer bezeichnete das neue Gesetz in seiner Rede als „überraschende Kehrtwende“. Für diese Änderung sei jahrelang gekämpft worden. An die neuen Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter gewandt sagte der Landesarzt: „Sie sind in Zukunft ein eigenverantwortlich handelnder heilkundlicher Teil der Rettungskette – und das ist etwas anderes, als Ihre Vorgänger das waren.“ Kramer ging auch auf „Lust und Last“ zu Beginn eines Berufslebens ein. So sei das Anwenden einer Maßnahme etwas anderes als mit sich möglicherweise ergebenden Komplikationen fertig zu werden. Diesbezüglich stünden die Notfallsanitäter in der gleichen Reihe wie ein junger Notarzt.
Kramer riet den Absolventen, zu Beginn ihrer Tätigkeit vorsichtig zu agieren: „Denn das notwendige Wissen, das man braucht, beinhaltet einen starken Akzent an Erfahrung.“ Theoretisches Wissen und Erfahrung würden die eigentliche Kompetenz und die Fähigkeit zum gesicherten Umgang mit einem Problem ergeben. Der Landesarzt des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg wusste aus seinem eigenen Berufsleben zu berichten, dass negative Erfahrungen die wertvollsten Grundlagen sind. Sein Rat: „Jedes verantwortliche Handeln setzt die Fähigkeit zur Selbstkritik voraus.“ Er sei immer gut damit gefahren, nach dem Grundsatz „Was du nicht willst was man dir tu‘, das füg auch keinem anderen zu“ zu handeln. Eines werde den Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern aber sicher sein: „Das befriedigende Gefühl des dankbaren Lächelns, wenn Sie haben helfen können.“ Dies sei fast mehr wert als das Gehalt, das man bekomme.
Auch Birgit Wiloth-Sacherer gratulierte den frischgebackenen Nofallsanitäterinnen und Notfallsanitätern. „Sie haben nach ihrer abgeschlossenen Ausbildung auf dem Arbeitsmarkt die besten Chancen“, sagte die Landesgeschäftsführerin des Badischen Roten Kreuzes. Sie verband dies mit der Hoffnung, dass die Schülerinnen und Schüler dem DRK in Baden-Württemberg erhalten bleiben. Neben möglichen Diskussionen über Kompetenzen werde auch die Digitalisierung die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter immer begleiten. „Sie werden diese Entwicklungen sehr positiv und engagiert mitgehen“, zeigte sich Wilot-Sacherer überzeugt. Sie riet den Notfallsanitätern, die drei Jahre Ausbildung nochmals Revue passieren zu lassen. „Nehmen Sie das Beste aus diesen drei Jahren für ihren weiteren beruflichen Lebensweg mit.“
Nach gut einer Stunde war die kurzweilige Verabschiedung zu Ende – und damit auch offiziell die Ausbildungszeit des fünften Abschluss-Jahrgangs, seitdem das Berufsbild Notfallsanitäter 2014 in Deutschland eingeführt wurde.
Unter diesem Link ist die Aufzeichnung der Veranstaltung abrufbar: