265 neue Notfallsanitäter – unter schweren Bedingungen
DRK-Landesschule Baden-Württemberg hat während der Pandemie 14 Klassen ins Ziel gebracht Homeschooling, Mund-Nasen-Schutz und mündliche Prüfungen mit ganz viel Abstand: Der aktuelle Notfallsanitäter-Jahrgang der DRK-Landesschule Baden-Württemberg wird besondere Erinnerungen haben an den Endspurt der Berufsausbildung. 14 Klassen an acht Standorten der Schule haben es jetzt geschafft. Zwischen 25. August und 30. September absolvierten sie ihre schriftlichen, mündlichen und praktischen Prüfungen – 265 junge Menschen sind nun fertige Notfallsanitäter, so viele wie zuvor noch nie an der Landesschule. Eine große gemeinsame Abschlussfeier, wie sie die Schule in den Vorjahren organisiert hat, ist wegen der Pandemie 2020 nicht möglich.
„Im Frühjahr 2020 wurde viel geredet darüber, wer systemrelevant ist“, sagt Gesamtschulleiter Rico Kuhnke zum Abschluss. „Rettungsdienst gehörte selbstverständlich dazu. Dass im Rettungsdienst dann auch der Nachwuchs ankommt, der vielerorts so dringend gebraucht wird, gerade in so einem Jahr – dafür haben wir alles gegeben: Die Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und das gesamte Team der Landesschule haben diesen Ausbildungs-Jahrgang zu einem sehr guten Ende gebracht. Unter durchaus sportlichen Bedingungen.“
Am 13. März schloss auch die Landesschule. Zu diesem Zeitpunkt waren die Auszubildenden im dritten Lehrjahr eigentlich gerade mitten in einem Schul-Block, versammelten sich also täglich zum Präsenz-Unterricht. Dann mussten alle daheimbleiben. Mit Unterricht ging es ab Montag, 16. März, tatsächlich nahtlos weiter – dank Homeschooling. Die Schülerinnen und Schüler arbeiteten von zuhause aus weiter. Die Klassen trafen sich online mit ihren Lehrkräften, um mit ihrem Stoff und den prüfungsrelevanten Themen gut voranzukommen.
Wechsel ins Digitale funktionierte gut
„Der Wechsel ins Digitale, zu den Online-Medien, ist uns zum Glück leichtgefallen“, sagt Rico Kuhnke. Die Landesschule arbeitet seit Jahren mit E-Learning-Modulen. Die Lehrkräfte der verschiedenen Standorte schalten sich online regelmäßig zu Video-Konferenzen zusammen, dadurch waren sie mit der Software und ihren Möglichkeiten gut vertraut. Auch die privaten Internet-Anschlüsse und Geräte erwiesen sich bei allen Beteiligten als brauchbar – bis auf vereinzelte Bildstörungen lief es reibungslos. Die Klassen und ihre Lehrkräfte haben unterwegs spontan individuelle Lösungen entwickelt. Beispielsweise organisierten Lehrkräfte eine Art Marionetten-Fernsteuerung für praktische Übungen in der Video-Schalte: Im Klassenraum setzten ferngesteuerte Lehrkräfte exakt das um, was trainierende Schüler von außen vorgaben.
Für die fast fertigen Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter folgte nach dem Homeschooling ein Praxis-Block in jenen von Corona geprägten Monaten April und Mai. Als Mitte Mai ihr nächster fünfwöchiger Theorie-Block begann, hatte die Schule den Betrieb an allen elf Standorten wieder gestartet. Es gab wieder Präsenz-Unterricht, aber er sah ganz anders aus: Die Klassen wurden in kleine Gruppen aufgeteilt, so wurden beispielsweise aus zwei Klassen in Pfalzgrafenweiler sechs Gruppen. Das Lehrkräfte-Team musste also die dreifache Leistung bringen und sich zugleich so koordinieren, dass die Gruppen alle dasselbe lernten. Alle gaben sich große Mühe, die Sicherheits- und Hygieneregeln strikt einzuhalten: Keiner wollte wieder ins Homeschooling, weil allen klar war, dass die Prüfungsvorbereitungen und all die dafür nötige Praxis am Bildschirm nur mit Abstrichen funktioniert hätten.
Keine Mimen für die praktischen Prüfungen
Noch einmal verabschiedeten sich die angehenden Prüflinge in einen Praxis-Block, bevor im August die intensive Phase der Prüfungsvorbereitung startete, zu der man wieder in den Schulen zusammenkam. Andere Jahrgänge konnten stets mit Mimen und Helfern ihre Einsätze simulieren – diesmal gab es statt der Mimen nur Puppen, die Mitschülerinnen und Mitschüler stellten sich in fest eingeteilten Teams als Helfer zur Verfügung. So war es am Ende auch in den Prüfungen. Im praktischen Teil trug man neben Mund-Nasen-Schutz auch ein Faceshield. Die Prüfungstermine mussten nicht angepasst werden, die waren schon vorab luftig genug geplant. Lehrkräfte und das Verwaltungsteam der Schule fuhren wochenlang quer durchs Land, um alles möglich zu machen. Wichtige Unterstützung kam über die Monate auch von der Haustechnik.
Vierter und bislang größter Jahrgang
Die jetzige Gruppe ist der vierte Abschluss-Jahrgang der DRK-Landesschule Baden-Württemberg, seitdem das Berufsbild Notfallsanitäter 2014 in Deutschland eingeführt wurde. Noch nie waren es so viele Absolventen. Fast alle haben die Prüfungen geschafft, von 287 angemeldeten Personen sind 19 diesmal durchgefallen. Drei weitere müssen Prüfungen nachholen– teils wegen Corona-Quarantäne, noch so eine Besonderheit des Jahrgangs 2020. Aber 265 haben jetzt alles hinter sich und hätten eigentlich Grund zum Feiern. Weil es keine große zentrale Veranstaltung der Schule gibt, weil auch Familie und Freunde nicht zu einem Fest eingeladen werden können, haben die Prüflinge an jedem Bildungsstandort separat kleine Feiern organisiert. Da wurde gegrillt oder ein Foodtruck gebucht und gemeinsam auf drei anstrengende Jahre zurückgeschaut. Von der Schule gab’s als Abschiedsgeschenk für jeden einen Bluetooth-Lautsprecher.
„Für uns als Schule hat das Jahr 2020 mit der Pandemie einige spannende Monate gebracht“, sagt Geschäftsführer Alfred Schulz im Rückblick. „Spannend natürlich speziell für diejenigen, deren Ausbildung und Prüfungen dann unter so erschwerten Bedingungen stattfinden – aber auch für diejenigen, die das organisieren. Das Team der Schule musste ohne Vorlauf sehr vieles entscheiden, improvisieren, neue Wege finden. Von außen wurde das wahrscheinlich nicht alles sichtbar. Von außen erkennt man jetzt die sehr guten Ergebnisse, und das ist natürlich schön. Intern wissen wir aber schon, was da alles geleistet wurde. Und auch, was nötig war, bis alles so geklappt hat. Mein großer Dank geht deswegen an alle, die das möglich gemacht haben. Wir wissen, wie dringend diese 265 neuen Fachkräfte jetzt überall im Land gebraucht werden. Gut, dass sie trotz der Pandemie ohne Verzögerungen einsatzbereit sind. Ich wünsche allen alles Gute für ihren Berufseinstieg!“
Das nötige Rüstzeug mitgegeben
Gute Wünsche zum Abschied auch von Gesamtschulleiter Rico Kuhnke: „Dieser Beruf bringt einen immer wieder in Situationen, die man nicht geübt hat, wo man auch an persönliche Grenzen stößt. Das gehört dazu. Wir haben diesen jungen Menschen alles mitgegeben, was man als Rüstzeug haben kann, um auch in solchen Momenten gut zu handeln und anderen Menschen helfen zu können. Alles Gute für das neue Berufsleben! Wir freuen uns sehr, wenn wir uns bald bei Fortbildungen wiedersehen.“